Freitag, 1.Oktober 2010: Aruba, Oranjestad
Der Morgen ist grau in grau. Zeitweise regnet es. Gegen 15h holen Paul und ich unseren wichtigen Brief im „Hotel Talk of the Town“ ab. Wir freuen uns enorm, dass er endlich eingetroffen ist. (In der Schweiz abgesandt am 19.9.10, hier angekommen am 30.09.10). Jetzt könnten wir eigentlich unsere Reise nach Kolumbien fortsetzen, haben wir doch „nur„ noch auf diesen Brief gewartet. Aber es hat absolut keinen Wind und wir müssen auf ein passendes Wetterfenster warten.
Wir laufen mit Anne und Werner durch die halbe Stadt zu einem Chinesischen Gross-Supermarkt. Gleich beim Eingang befinden sich die Weihnachts-Dekorations-Sachen wie Christbaumkugeln und Glitzerzeug (man beachte das heutige Datum!). An den Supermarkt ist auch ein „do it yourself-Laden“.angeschlossen. Es ist wahnsinnig, was die alles für Sachen haben. So was haben wir noch nie gesehen! Ja, ja, die Chinesen!!! Werner und Paul erstehen zusammen eine Packung mit 6 Solargartenlampen. Jeder nimmt drei von den Lampen, um die Schiffe nachts auf dem Ankerplatz besser erkennbar zu machen. Auf dem Rückweg machen wir einen Stopp beim Paddock-Caffé und essen eine Kleinigkeit. Vor dem Parlamentsgebäude findet eine Veranstaltung statt, wo es irgendwie um „grüne“ Energien geht. Die Strasse ist abgesperrt und darauf befindet sich ein Solarmobil, das von den Studenten der Universität in Delft (Holland) entwickelt wurde. Inzwischen ist es dunkel geworden und wir machen uns langsam auf den Weg zu den Schiffen. Die arme Anne hat ein paar zünftige Blasen an beiden Füssen und kann kaum mehr laufen. Ich gebe ihr zwar Pflaster, aber diese kleben nicht mehr richtig, weil sie schon zu lange in unserem Rucksack herum lagen. Zum Abschluss dieses anstrengenden Fussmarsches gibt es auf der „sail away“ noch ein Gläschen Weisswein.
Samstag, 2.Oktober 2010: Aruba, Oranjestad
Morgens kaufen Paul und ich im Supermarkt ein. Um 13h ruft Enkelin Jessica an, um dem Grosi zu gratulieren. Wow! Das stellt mich enorm auf!!! Abends gibt es für mich eine kleine Geburtstagsparty auf der MABUHAY, aber OHNE Musik und Tanz. Es gibt nur ein bescheidenes, aber gemütliches kaltes Abendessen, mit Daniela, Beat, Anne und Werner.
Sonntag, 3.Oktober 2010: Aruba, Oranjestad
Es regnet den ganzen Nachmittag und ist sehr trostlos.
Abends um 19h fährt das riesige Kreuzfahrtenschiff „Coral Princess“ raus auf's Meer. Wir trauen unseren Augen kaum, auf dem obersten Deck, da wo sich der Swimmingpool befindet, läuft auf einer gewaltig grossen Leinwand die Übertragung eines American-Football-Spiels. Das Schiff ist richtig beeindruckend gross! Es ist 294m lang, 32,3m breit und hat einen Tiefgang von 8,2m. Mit den 16 (!!!) Decks und den 987 Kabinen sieht es aus wie eine halbe Stadt. Es kann 1970 Passagiere und 900 Angestellte beherbergen. Es fährt unter der Flagge von den Bahamas und sieht enorm imposant aus, im Dunkeln, mit den vielen Lichtern.
Montag, 4.Oktober 2010: Aruba, Oranjestad
Am Morgen sind wir ca. zwei Stunden im Hotel“Talk of the Town“ im Internet und telefonieren über Skype (tolle Erfindung!!!) mit unserer Tochter Claudia, die heute ihren 40.Geburtstag feiert. Zeitweise schüttet, nein, es schifft aus allen Rohren. Im Hotel tropft es in die Empfangshalle und ich muss sogar den Platz wechseln, damit mein Laptop nicht nass wird.
Den Nachmittag verbringen wir auf der MABUHAY. Es regnet zwar nicht mehr, ist aber trotzdem grau in grau. Wir warten sehnsüchtig auf den „richtigen“ Wind, um unsere Reise nach Kolumbien anzutreten. Aber im Moment kommt der Wind aus Westen, genau von dort, wo wir hin wollen.
Abends sind wir und die „Time after Time's“ auf der „sail away“ zu einem Bier eingeladen. Es ist sehr gemütlich, bis wir plötzlich, eiligst zu unseren Schiffen aufbrechen, wegen eines drohenden Regenschauers.
Dienstag, 5.Oktober 2010: Aruba, Oranjestad
Wieder haben wir eine schreckliche Schaukelnacht hinter uns, fast ohne Schlaf. Und es regnet, regnet, regnet! Von wegen, ES REGNET NIE IN ARUBA!!! Wir sitzen im Salon, lesen, schreiben, hören eine CD mit dem Hörbuch: „Das Leben des Christoph Columbus“ und machen sonst gar nicht viel. Mistwetter! Wo ist das tolle Karibikwetter von den Ferienprospekten geblieben?
Bei dieser warmen Feuchtigkeit hier, kann man zuschauen, wie im Schiff die Sachen langsam vor sich hin schimmeln und rosten.
Den ganzen Tag hat es enorm grosse Wellen und die Schiffe reissen an den Ankerketten wie verrückt. Um 18h kommen zwei Männer in einem Dinghy und teilen uns mit, wir müssten den Ankerplatz verlassen, es sei zu gefährlich hier. Um 03h morgens werde es einen schlimmen Sturm geben. Kurz vor dem Eindunkeln geleiten sie uns zu einem ruhigen, sehr geschützten Ankerplatz, hinter der Renaissance-Insel, im Kanal. Ah, ist das schön, ohne das elende ewige Geschaukel!!! Kaum haben wir uns an der Ruhe erfreut, kommen die Dinghymänner wieder vorbei und sagen uns:“Das macht dann bitte pro Schiff 20 US$!“ Wir staunen und bezahlen..., na ja, schliesslich haben wir schon für blödere Dinge als eine ruhige Nacht 20 US$ bezahlt.
Mittwoch, 6.Oktober 2010: Aruba, Oranjestad
Ah, wir haben wunderbar geschlafen! Aber der grosse Sturm ist zum Glück ausgeblieben. Gegen 04h blitzt, donnert und regnet es nur ein wenig.
Um 10h30 fahren wir alle sechs an Land und laufen 1½ Stunden lang auf Nebenstrassen Richtung Süden. Wir möchten die Hauptstrasse erreichen, um dort einen Bus nach der Stadt San Nicolaas zu erwischen. Nach endlos langer Lauferei und alle total verschwitzt, kommen wir an einer Autovermietungsfirma vorbei. Spontan beschliessen wir, für drei Tage ein Auto für sechs Personen zu mieten. Bei der Übergabe stellen wir fest, dass der Kia ein 5-Plätzer ist. Beat fährt, Paul sitzt neben ihm und wir anderen vier quetschen uns wie die Sardinen auf den hinteren Sitz. Der Ort San Nicolaas ist eine ziemliche Enttäuschung, eher trostlos, eine Industriestadt mit lauter Raffinerien. Zu allem Elend fängt es hier auch noch zu regnen an. Wir tanken das Auto auf und trinken alle etwas. Nun geht die Fahrt weiter bis ans südlichste Ende der Insel Aruba. Hier essen wir in einem Restaurant wunderbaren Fisch, Pommes Frites und Kabissalat. Zum Glück bekommen wir vom Personal gleich noch eine Dose Mückenspray geliefert, um die lästigen Mücken die uns attackieren, abzuwehren.
Auf der Weiterfahrt kommen wir an einem HUNDEFRIEDHOF vorbei, wo einige Gräber sehr schön geschmückt sind.
Die Fahrt durch den Arikok-Nationalpark ist sehr abwechslungsreich und holperig. Besonders die 37 sehr steilen Querrinnen (sie sind nummeriert) auf der Strasse, die das Wasser ableiten sollen, fordern den Chauffeur und die Mitfahrer. Mehr als einmal macht es hinten ein unangenehmes „Chrrrr...“, als wir den Boden touchieren. Vier erwachsene Personen auf dem Hintersitz sind einfach zu schwer! Aber wir schaffen es und kommen gut zurück in die Zivilisation. Auf dem Rückweg schauen wir uns noch in einem Grosseinkaufsmarkt um, ohne viel zu kaufen.
Auf der MABUHAY gibt es zum Abschluss dieses schönen Tages ein paar Bierchen.
Donnerstag, 7.Oktober 2010: Aruba, Oranjestad
Es hat wieder die halbe Nacht geregnet. Den Morgen verbringe ich mit putzen und aufräumen. Paul wechselt die Treibstofffilter im Motorenraum aus. Nachdem es aufgehört hat zu regnen ist es höllisch heiss und drückend. Der Schweiss läuft nur so...!
Beat nimmt heute Morgen das Auto um Diverses zu erledigen und am Nachmittag haben es Anne, Werner und wir beide zur Verfügung. Von hier, dem neuen Ankerplatz aus, ist es ziemlich weit bis in die Stadt und wir sind alle froh um das Auto.
„sail away's“ und wir machen einen Bunker-Einkauf in einem (Chinesen-, was denn sonst?) Supermarkt und fahren anschliessend ganz ans nördliche Ende der Insel, bis zum Leuchtturm, wo es schöne Sanddünen hat. Bevor wir zurück zu den Schiffen fahren geniessen wir in der Hotelzone noch einen Apfelkuchen mit Zimt und Vanilleglacé, dazu einen guten Kaffee. Mmmm...!!!
Abends werden wir schon wieder von Beat und Daniela verwöhnt. Beat hat eine wunderbare Paella gekocht. Auch Paul ist begeistert, obwohl er keine „von den VIECHERN (Crevetten)“ will! Merci vielmals an die „Time after Time“ Crew!
Unser Gewaltmarsch von gestern war scheinbar zuviel für Anne. Sie hat ein dick geschwollenes Knie und sehr starke Schmerzen.
Freitag, 8.Oktober 2010: Aruba, Oranjestad
Wow, es hat die ganze Nacht keinen Tropfen geregnet und heute morgen scheint die Sonne.
Nachdem eine Maschine voll Wäsche aufgehängt ist, fahren Paul und ich per Dinghy zum Renaissance-Beach-Club, wo wir uns nochmals die wunderschönen, stolzen Flamingos anschauen wollen.
Danach hilft Paul Werner irgendetwas an der Wasserpumpe zu reparieren und ich bemühe mich vergeblich um Internetverbindung vom Schiff aus.
Anne geht es ziemlich schlecht mit ihren geschwollenen Knie. Mit dem Auto fahren wir, Werner, Paul und ich, mit ihr zum Arzt. Dr. van der Linde befindet, sie habe abakterielle Arthrose und da könne man nicht viel machen, ausser Schmerzmittel nehmen und abwarten. Er verschreibt ihr Voltarentabletten.
Weil wir ja heute noch das Auto haben machen wir noch einen letzten Einkauf bei LING & SONS, einem Chinesischen Supermarkt, bevor wir Aruba verlassen werden. Danach suchen wir noch eine „Botika“ (Apotheke), wo wir Anne's Medikamente holen.
Samstag, 9.Oktober 2010: Aruba, Oranjestad
Nachts um 02h regnet es wieder mal wie aus Eimern. Wir können gar nicht so schnell alle Luken zumachen, wie es losgeht! Aber der Tag wird schön sonnig.
Um 8h30 sind Daniela, Beat und wir beide bei der „sail away“ zum Frühstück, einem „Arbeits-Essen“, wie Werner das nennt, eingeladen. Wir besprechen wann wir nun von Aruba nach Kolumbien lossegeln wollen. Der Wind hat endlich, endlich wieder auf Ost gedreht, so dass wir am Montag irgendwann am Nachmittag die drei Anker heben wollen. Gegen Mittag bringt Beat unser Mietauto zurück.
Paul zwängt sich in die Tauchersachen und befreit das Unterwasserschiff der MABUHAY von lästigem Bewuchs und ich putze das WC-Badezimmer gründlich mit Regenwasser. Danach fülle ich 7 kg Mehl in 500 gr Portionen ab, um sie bei Bedarf griffbereit zu haben, um ein Brot zu backen. Nachmittags werden an der MABUHAY die Fenster geputzt, abwechselnd ein paar von Paul, ein paar von mir.
Punkt 22h (wir waren schon im Bett), gibt es ein wunderschönes Feuerwerk zu bewundern. Wir wissen nicht. Ob es aus Anlass des Aruba Jazz Festivals statt findet, oder als Abschiedsgruss für uns, da wir ja am Montag Aruba verlassen wollen.
Sonntag, 10.Oktober 2010: Aruba, Oranjestad
Komisch, mit dem Ostwind sind auch viele, unheimlich lästige, Fliegen gekommen. Aber trotzdem lieber Fliegen als Mücken wie mit dem Westwind! Heute ist ein herrlicher Sonnentag mit viel Wind. Paul kann mit der Energie des Windgenerators und der Sonnenpaneele Süsswasser zubereiten
Am Nachmittag fahren wir für's Internet per Dinghi 30 Minuten (!) in die Stadt, gegen Wind und Wellen. Und als wir endlich im Starbucks Café sind, stelle ich fest, dass ich das Ladegerät des Laptops vergessen habe und die Batterie fast leer ist. Immerhin kann ich noch den Septemberbericht wegmailen. Daniela und Beat sind auch da und zusammen trinken wir anschliessend noch ein Bier „bei der KUH“ (im Paddock Café).
Um 17h30 sind die Crews der „Time after Time“ und der „sail away“ bei uns an Bord für einen Sundowner. Wir müssen besprechen, wann morgen die Abfahrt ist.
Montag, 11.Oktober 2010: Aruba, Oranjestad-Kolumbien
Es ist ein herrlicher Sonnentag, hat aber einen saumässigen Wind. Beat, Werner und ich fahren um 10h per Dinghy gegen Wind und Wellen nach Barcadera zum Ausklarieren. Mann, das ist vielleicht ein Wellenritt!!! Die Männer auf einem kolumbianischen Schiff, das Früchte und Gemüse gebracht hat, freuen sich gewaltig, als ich beim Anlegen sofort pitschnass werde.
Das Ausklarieren bei Immigration und Zoll geht nett und problemlos, aber das dauert wieder mal ewig...
Um 15h läuft zuerst Beat mit der „Time after Time“ aus und 15 Minuten später heben die „sail away“ und wir die Anker und machen uns, alle drei Schiffe, auf den Weg nach Kolumbien. Wir, die MABUHAY waren über 5 Wochen hier in Aruba.
Es hat sehr guten Ostwind (ca. 20 Knoten) und kaum aus der Ankerbucht raus, können wir schon Segel setzen. Wir machen Schmetterlingsbesegelung, d.h. ein Segel rechts, ein Segel links, so dass der Wind uns von hinten schieben kann. Das Vorsegel baumen wir mit dem Spibaum aus. Das Grosssegel und der Baum werden mit einer Bullentalje (Sicherheitsleine) über eine Umlenkrolle gesichert, damit der Baum nicht plötzlich auf die andere Seite schlagen kann.
Am Anfang läuft alles sehr gut. Um 17h sehen wir eine kleine Gruppe Delfine, die uns ein Stück begleiten und einige schlagen dabei Purzelbäume und machen richtige Bauchplatscher. Beat meldet, er habe schon den ersten Thunfisch im Kühlschrank! Weil der Wind leicht gedreht hat, wollen wir die Segelstellung ein wenig verändern. Dabei gibt es plötzlich einen unheimlich lauten Knall und die Umlenkrolle, mit dem der Baum gesichert war, zerbricht in Stücke! Der Baum schlägt mit dem Grosssegel mit ohrenbetäubendem Lärm auf die andere Seite. Das alles geht so schnell, ich verstehe überhaupt nicht, was eigentlich genau passiert ist. Oh nein! Kaum sind wir zwei Stunden unterwegs, haben wir schon eine gebrochene Umlenkrolle und eine total gekrümmte Relingsstütze! Oh je, wie soll das noch werden bis nach Cartagena, ca. 400 sm (ca. 740 km)?
Keine Stunde später merkt Paul, dass sich der ausziehbare Spibaum selber verkürzt hat, und so schlägt das Vorsegel ständig hin und her. Paul geht, vorschriftsmässig mit Rettungskragen und Lifeline gesichert, nach vorne auf den Bug, um das Problem zu beheben. Bis er endlich das richtige Seil des Vorsegels (das wild im Wind schlägt) zu fassen kriegt, hat er sich beide Handflächen verbrannt! Aber er gibt nicht auf und schafft es, den Spibaum zu lösen. Ab sofort wird nur noch mit dem Vorsegel, das nicht ausgebaumt ist, gesegelt. Die beiden anderen Schiffe merken nichts von unseren Problemen und ziehen rasch von dannen.
Dienstag, 12.Oktober 2010: Aruba-Cartagena, auf See, ca. 145 sm
Nur mit dem Vorsegel und einer kleinen Ecke des Grosssegels (zum stabilisieren) rauschen wir mit tollem Wind von etwa 25 Knoten durch die Nacht. Die Wellen sind hoch, bestimmt bis zu 4m und wir schaukeln gegen Westen. Am Himmel steht ein Viertelmond und der Sternenhimmel ist traumhaft schön. Da wo die MABUHAY durchs Wasser pflügt, fluoresziert das Wasser, irre schön!!! In dieser Nacht halten wir unseren 3-Stunden-Ablösplan NICHT ein. Paul ist zu aufgeregt zum Schlafen. Wir sitzen beide im Cockpit und wer müde wird, döst ein bisschen. Zwischendurch kühlen wir Paul's lädierte Hände mit kühlen Bierdosen aus dem Kühlschrank. Aber getrunken wird prinzipiell KEIN Alkohol während den Überfahrten, und schon gar nicht nachts.
Der Tag ist sehr sonnig und wir haben Superwind, 30 Knoten, und 4m Wellen oder sogar höher. Den ganzen Tag segeln wir wie verrückt, nur mit dem Vorsegel und einem kleinen Zipfel des Grosssegels. Der Wind und die mächtigen Wellen schieben uns vorwärts und es läuft super.
Mittwoch, 13.Oktober 2010: Aruba-Cartagena, ca. 140 sm
In der Nacht, während es am kolumbianischen Festland ununterbrochen wetterleuchtet, und während meiner Wache, sehen wir plötzlich um 22h45 vor uns ein Lichtlein. Und wir dachten schon, wir seien total einsam und alleine auf diesem vielen Wasser. Wir haben so einen „Zacken“ drauf, dass wir sehr bald erkennen können, dass das vor uns ein Segelschiff ist. Wir rauschen ganz nahe daran vorbei. Ein bisschen später funken wir das Schiff an und siehe da, es ist die „sail away“. Und wir dachten sie und die „Time after Time“ seien schon bald in Cartagena. Bis morgens um 5h sehen wir die Lichter der „sail away“ und dann verlieren wir sie wieder aus den Augen. Auch als es hell wird, können wir sie nirgendwo mehr entdecken. Von der „Time after Time“ fehlt jede Spur. Auf unseren Funkaufruf um 9h melden sich beide nicht. Nun wissen wir nicht, sind sie VOR uns oder HINTER uns.
Auch heute haben wir wieder 25-30 Konten Wind von hinten und gewaltige Wellen. Seit gestern Abend 23h sind wir nur mit den halben Vorsegel gefahren. Heute ab 9h wieder mit dem ganzen Vorsegel und der Ecke des Grossegels. Um 10h entdecken wir Delfine, die gekonnt die Wellenberge heruntersurfen. Ab 15h lässt der Wind merklich nach und es hat nur noch etwa 15 Knoten. Um 18h erfahren wir per Funk, das die „Time after Time ein Stück vor uns, aber näher an der Küste liegt, und die „sail away“ etwa 3 sm hinter uns segelt.
Donnerstag, 14.Oktober 2010: Aruba-Cartagena, ca.125 sm
In der Nacht wird es wieder einmal richtig spannend! Mein Skipper ist um 21h noch nicht müde und will partout nicht schlafen gehen. Also gut, dann tauschen wir halt unsere Wachen und ich gehe in die Koje. Paul wacht von 21h bis 24h und ich darf schlafen. So gegen 23h30 ruft mich Paul plötzlich, ich müsse helfen kommen, wir hätten vermutlich ein Netz oder so etwas eingefahren.
Es hat ca. 22 Knoten Wind und wir schleichen noch mit ca. 2 Knoten dahin. Etwas stimmt da nicht!
Paul leuchtet mit der Taschenlampe rund ums Schiff herum ins Wasser. Am Heck wird er endlich fündig. Wir schleppen etwas Grosses, langes hinterher. Ein Seil? Ein Segel? Ein langes Stück Plastik? Keine Ahnung! Wir rollen das Vorsegel ein und lassen uns treiben. Mal sehen was passiert? Gar nichts passiert! Wir wissen ja auch nicht, ob das hinderliche Teil am Kiel oder am Ruder hängt. Wir getrauen uns auch nicht, den Motor zu starten um keinen Schaden anzurichten. Noch zweimal rollen wir das Vorsegel ein und drehen bei, d.h. wir legen die MABUHAY quer zu den Wellen. Beim letzten Mal drehen wir das Ruder kräftig hin und her und siehe da, sie bewegt sich doch! Es läuft wieder!!! Die ganze Befreiungsaktion hat eine ganze Stunde gedauert. Mensch, war das aufregend! Der Skipper kann jetzt erst recht nicht schlafen! Aber geflucht hat er nicht!!! Um 7h30 hören wir am Funk, dass Beat etwa 5 sm vor uns liegt und motort und Werner ca. 2 sm hinter uns. Er segelt, so wie wir auch.
Um 9h starten wir den Motor, weil wir Frischwasser machen wollen. Und schon haben wir das nächste Problem! Die Welle und der Propeller schlagen fürchterlich! Der erfahrene Mechaniker weiss sofort: das ist nicht gut!!! Er geht mit dem Gas zurück und wir kriechen im Schneckentempo Richtung Cartagena. Irgendetwas klemmt. Nun werden wir von der „sail away“ überholt. Irgendwann hat Skipper Paul die Idee, den Motor volle Pulle rückwärts laufen zu lassen. Das macht er zweimal und plötzlich tönt alles wieder „normal“, was sogar ich hören kann!
Die Stadt Cartagena sieht von weitem aus wie eine moderne Hochhäuserstadt. Bevor wir zu unserem Ankerplätzen kommen, wo das Wasser alles andere als klar sein soll, machen die „sail away“ und wir einen kurzen Zwischenstopp. Die Männer springen ins Wasser und kontrollieren die Wellen und die Propeller. An unserem Propeller hängen einige lange Pflanzenstängel die Paul löst. Um 13h30 ankern wir zusammen mit der „sail away“ in der braunen Brühe vor der Stadt Cartagena, in Kolumbien. Beat ist schon im Laufe des Morgens hier eingetroffen. Wir sind alle glücklich, gesund und gut hier angekommen zu sein.
Wir haben eine sehr schnelle Reise gemacht. Keine drei Tage für die 400 sm, und fast alles gesegelt! Unsere Strategie, weit draussen vor der Küste, an der 1000 m Linie zu segeln, hat sich sehr gut bewährt. So sind wir den gefürchteten Naturphänomenen wie enorm viel Wind beim Cabo Gallinas und Cabo de Vela, nächtliche heftige Gewitter an der ganzen kolumbianischen Küste, kabbelige See und gewaltige Gegenströmungen bei Santa Marta und gefährliche, schwimmende Baumstämme und sonstiges Treibgut, das vom Rio Magdalena ins Meer gespült wird.
Freitag,15.Oktober 2010: Kolumbien, Cartagena
Als erstes müssen wir mal unsere Uhren um eine Stunde ZURÜCK stellen. Jetzt haben wir zur Schweiz eine Zeitverschiebung von minus 6 Stunden.
Mit Daniela, Beat, Anne und Werner gehen wir zum Carulla Supermarkt. Dort treffen wir im kleinen Internet-Café den Deutschen Trans-Ocean-Mann Manfred-Er ist unser Agent und übernimmt für uns das Ein-und Ausklarieren. Mensch, ist das ein Papierkram!!! Manfred lebt schon seit 25 Jahren hier in Cartagena. Nach dem offiziellen Teil geniessen wir zu sechst einen Stadtbummel in die wunderschöne Altstadt von Cartagena. Irgendwo essen wir in einem urigen Lokal ein gutes, preisgünstiges Mittagessen. Die Häuser sind noch aus der Kolonialzeit und zum Teil wirklich enorm schön erhalten. Es hat an den meisten Häusern Holzbalkone an den Fassaden, die mit blühenden Blumen geschmückt sind. Eine tolle Altstadt innerhalb der Stadtmauern. Auf einer schönen Plaza leisten wir uns einen Eiskaffee. Sofort werden wir von Strassenverkäufern mit Beschlag belegt, die uns Panamahüte, T-Shirts, Schmuck, Zigarren und CD's verkaufen wollen.
Bevor wir zurück zu unseren Schiffen fahren, müssen wir nochmals ins Internet-Café um Manfred zu treffen , 80 US$ für die Ein-und Ausklarierung zu bezahlen und unsere Papiere und Pässe in Empfang zu nehmen. Am Abend gibt es ein kleineres Gewitter.
Samstag,16.Oktober 2010: Kolumbien, Cartagena
Ich habe in dieser Nacht knapp vier Stunden geschlafen. Es gab ein fürchterliches Gewitter und ich sass im Salon und habe etwa drei Stunden gelesen (Ken Follet: Nacht über den Wassern).
Der Morgen ist ziemlich grau. Von Manfred haben wir den Namen eines Segelmachers und eines Schweissers bekommen. Mit Lorenzo, dem Taxifahrer, fahren wir zu Benjamin, dem Segelmacher. Er wohnt an einer Hinterhofstrasse, jeder Feldweg bei uns ist schöner und das Innere seines Hauses, würde man in Europa so nicht bewohnen können. Benjamin Herrera hat einen einzigen Stummelzahn im Mund ,ist aber sehr freundlich. Er verspricht, unser Segel bis am Dienstagabend fertig geflickt zu haben. Am Montag ist ja ein Feiertag. Wir fragen den Taxifahrer Lorenzo, ob er mit uns gleich noch zum Schweisser fährt. Dieser ist leider nicht anwesend, aber Lorenzo zückt sein Handy und ruft ihn an. Er, Bianney Torres, sei in einer Stunde im Club Nautico. Wir steigen bei einer Bank aus dem Taxi, um Geld zu holen. Im Schalterraum der Bank, die zu unserem grossen Erstaunen am Samstag geöffnet hat, bekommen wir kein Bargeld. Nur draussen am Automaten könne man Bargeld beziehen, mit einer Internationalen Kreditkarte. Das klappt auch nach fünf Anläufen mit zwei verschiedenen Kreditkarten, aber wir möchten mehr Bargeld, als nur 400'000 Pesos (ca. 230 US$). (1US$ = ca. 1'780 Pesos).
Um 11h45 kommt Bianney Torres, der Schweisser, tatsächlich zum Club Nautico und wir nehmen ihn gleich im Dinghy mit zur MABUHAY. Wir möchten einen Geräteträger für das Heck der MABUHAY aus rostfreiem Stahl machen lassen. Nach langem Beraten werden wir uns einig. Am Dienstag oder Mittwoch nächster Woche will Bianney kommen, um nochmals alles ganz genau ausmessen. Heute nimmt er von uns zwei kaputte Relingsstützen mit, um sie zu reparieren. Wir müssen bis dahin 60% vom Geräteträger anzahlen, damit er das Material kaufen gehen kann. Wie kommen wir bis Dienstag an das Bargeld, wenn wir nur jedesmal 230 US$ am Bankautomaten bekommen und der Preis über 3000 US$ beträgt? Oh je, dieses Südamerika!
Nach dem Mittagessen kommt wieder die Sonne hervor und es ist schon wieder sehr heiß. 33°!
Wir fahren noch schnell ins Internetcaffé um Geld über Western Union schicken zu lassen. Geht nicht!!! Ich krieg die Krise!!!
Auf dem Rückweg zur MABUHAY trinken wir bei Anne und Werner noch einen Kaffee. Ah, das tut gut!
Cartagena de Indias
Cartagena (Kolumbien), Stadt im nördlichen Kolumbien, mit einer Fläche von 572 km². Hauptstadt der Region Bolívar, Seehafen zur Karibik. Die Stadt liegt auf einer Insel. Über einen Damm ist Cartagena mit dem Festland verbunden. In der Altstadt, die von einer bis zu zwölf Meter hohen Mauer umgeben ist, liegen zwei Festungen, die wie die Mauer während der spanischen Kolonialzeit erbaut worden sind. Zu den herausragenden Gebäuden der Stadt zählen die Kathedrale, die Jesuitenkirche des San Juan de Dios und der Palast, in dem sich das Hauptquartier der spanischen Inquisition befand. Cartagena ist Endpunkt einer Ölpipeline, die über 600 Kilometer in das Landesinnere reicht. Die Hauptexportgüter sind Öl und Kaffee. Daneben werden aber auch Tabak, Rinder, Holz und Edelsteine exportiert. Schokolade und Kerzen gehören zu den Produkten, die hier hergestellt werden. Darüber hinaus hat sich auch der Tourismus zu einem bedeutenden Wirtschaftsfaktor entwickelt.
Die Stadt wurde 1533 von den Spaniern gegründet und entwickelte sich schnell zu einem wichtigen Hafen, den man später die Königin der Westindischen Inseln nannte. 1544 wurde die Stadt von Piraten eingenommen. Im frühen 17. Jahrhundert war Cartagena nach Mexiko-Stadt das zweitwichtigste Handelszentrum in der Neuen Welt. Revolutionäre Nationalisten unter der Führung von Simón Bolívar nahmen die Stadt 1815 ein, verloren sie im gleichen Jahr wieder und eroberten sie 1821 abermals zurück. Die Einwohnerzahl beträgt etwa 950'000.
Das komplett ummauerte alte Stadtzentrum mit Festungsring und den Stadtteilen Centro mit der Kathedrale und zahllosen Palästen im andalusischen Stil ist seit 1984 UNESCO-Weltkulturerbe.
Sonntag,17.Oktober 2010: Kolumbien, Cartagena
In der Nacht regnet es. Der Morgen ist grau in grau. Gegen Mittag kommt die Sonne hervor.
Um 10h30 kommen zwei junge Männer von der Coast Guard zu uns an Bord. Routinekontrolle, sagen sie. Einer will das ganze Schiff sehen. Zuerst freut er sich enorm, dass bei uns eine CD mit columbianischer Musik läuft. Dann öffnet er einfach unseren Rucksack und sucht Drogen. Im Schlafzimmer fragt er mich, ob er unsere Toilette benutzen darf. Si, claro!, sage ich, und lasse ihn alleine. Wir vermuten, dass er in die Spiegelschränkchen schauen will, ob es da Drogen drin hat.
Ja, klar, die liegen hier bei uns nur so herum!!! Als er wieder nach oben kommt, will er unsere Fahr-Bewilligung sehen. Keine Ahnung was er damit meint! Paul blättert in unserem Ordner herum, aber Jo, so heisst der Mann, meint, es sei schon o.k. und will jetzt Coca Cola haben. Da wir keine haben, ist er auch mit einem Bier für sich und seinen Kollegen zufrieden. Beim Abschied sagt er, falls wir Probleme hätten, könnten wir die Coast Guard jederzeit auf Funk-Kanal 16 erreichen, sie seien da, um uns zu helfen!
Nach dem Mittagessen fahren wir zur „sail away“ und fragen Anne und Werner, ob sie mit uns ein wenig in die Altstadt kommen. Daniela und Beat haben Besuch von Beat's Cousin und sind anderweitig beschäftigt.
Zu viert spazieren wir in aller Gemütlichkeit in die schöne Altstadt. Es ist leicht bewölkt und ganz angenehm. Auf dem Platz bei der Kathedrale gibt es für alle eine feine Glacé und dann schlendern wir weiter bis zur CitiBank. John, der Dockmaster vom Club Nautico hat uns den Tip gegeben, bei dieser Bank könne man am Automaten viel Geld auf einmal beziehen. Und tatsächlich, wir beziehen drei mal 2 Millionen Pesos!!! Mit 6 (SECHS) Millionen Pesos im Rucksack (ca. 3'300 US$) laufen wir in aller Gemütsruhe zurück zum Club Nautico. Unterwegs kauft sich Werner noch an einem Strassenstand zwei Maisküchlein, eins mit Eierfüllung und eins mit Hackfleischfüllung. Ein junges Mädchen fragt ihn,ob er ihr auch etwas zu Essen kaufen könne. Sie bekommt auch so ein Küchlein spendiert. In einer Kneipe, auf der Stadtmauer, mit schöner Aussicht trinken wir noch jeder ½ Liter kühles Bier und kehren zu den Schiffen zurück. Das war ein richtig schöner Nachmittag,mit sehr wenigen Leuten in der Stadt. Ist wohl kein Kreuzfahrer angekommen heute?
Montag,18.Oktober 2010: Kolumbien, Cartagena
Die halbe Nacht und den ganzen Morgen bis zum Mittag regnet es. Nach dem Mittagessen schrubben wir das Cockpit gründlich aus. Zuerst mit Meerwasser, dann wird nachgespült mit Regenwasser.
Heute ist in Kolumbien ein Nationalfeiertag. Am 12.Oktober 1492 hat Christof Kolumbus Amerika entdeckt uns das wird gefeiert. Allerdings sind die Kolumbianer schlau, die legen die Feiertage einfach auf einen MONTAG!
Um 15h sind wir auf der „sail away“ zu Kaffee und Apfelkuchen eingeladen. Daniela und Beat sind auch da. Dabei erfahren wir, dass bei ihnen gestern Abend, im Dunkeln, auch eine Routinekontrolle stattgefunden hat. Nach der „Kontrolle“ fehlte ein Handy auf der „Time after Time“.....!!!!






































